|
AT-OeStA/HHStA RHR Judicialia Antiqua 74-1 Herford, Stadt contra Brandenburg, Kurfürst; Streit um die Reichsunmittelbarkeit, 1649-1660 (Akt (Sammelakt, Grundzl., Konvolut, Dossier, File))
Angaben zur Identifikation |
Signatur: | AT-OeStA/HHStA RHR Judicialia Antiqua 74-1 |
Titel: | Herford, Stadt contra Brandenburg, Kurfürst; Streit um die Reichsunmittelbarkeit |
Entstehungszeitraum: | 1649 - 1660 |
Frühere Signaturen: | Fasz. 77, Nr. 1 |
Darin: | Vollmachten, der Stadt Herford für den Gesandten Anton Fürstenau: 1636 05 20 (Abschr.), fol. 90rv 1647 08 25 (Abschr.), fol. 54r (u. a.); Mandat sine clausula gegen Brandenburg, 1648 01 14 (Abschr.), fol. 1r-6r; Fürbittschreiben der Kurfürsten und Stände bzw. deren Gesandten für Herford: an den Kurfürst von Köln, 1649 06 15 (Abschr.), fol. 16r-17v (u. a.); 1650 10 28 (Abschr.), fol. 36r-38v; an den Kurfürst von Brandenburg, 1649 09 07 (Abschr.), fol. 18r-19v; an den Kaiser, 1650 11 05 (Ausf.), fol. 50r-51v; Vergleich der Stadt mit dem Kurfürst von Brandenburg, 1647 11/12 26/06 (Abschr.), fol. 59r-70r, mit 50 Unterschriften der Bürgermeister, Schöffen und Beisteher; desgl. Vergleich 1650 01/02 31/10 (Abschr.), fol. 73r-85v, mit 67 Unterschriften; Huldigungseid der Stadt Herford für den Herzog von Jülich, Kleve und Berg, 1557 10 19 und 1596 11 06 (Abschr.), fol. 119rv, ferner fol. 128r; desgl. Huldigungseid 1647 12 07, fol. 127r (u. a.); Zeugnisse für Fürstenau als kaiserlicher Kommissar: 1646 12 06 (Abschr.), fol. 144rv; 1645 10 06 (Abschr.), fol. 145r-146v; 1649 07 03 (Abschr.), fol. 147r; 1649 07 20 (Abschr.). fol. 148rv; Privileg Ferdinands III. für Herford, 1641 02 01 (Abschr.), fol. 193r-200r, darin: Privileg Friedrichs III., 1475 06 07 (Abschr.), fol. 193r-197r; Reichskammergerichtsurteil: Herford ist eine reichsunmittelbare Stadt und dem Reich gegenüber steuerpflichtig, 1631 03 31 (Abschr.), fol. 221r-222v; Kommissionsbericht, 1651 10 04/14 (Abschr.), fol. 241r-247v; Notarielle Protokolle über Zeugenbefragungen zur brandenburgischen Blockade der Stadt und Beeinträchtigung von Handel und Verkehr: 1651 10 28, fol. 250r-255v; 1651 11 24, fol. 288r-291v; 1651 12 30, fol. 354v; 1652 02 18/28, fol. 388rv; Brief aus Herford über die dortigen Nöte an Fürstenau, 1652 07 09 (Abschr.), fol. 532r-533v; Mandat sine clausula gegen Brandenburg, die Herforder Reichsunmittelbarkeit ist zu achten, die Stadt nicht weiter zu beschweren, 1643 03 04 (Abschr.), fol. 258r-265v; Schutzbrief Ferdinands II. für Herford, 1632 09 17 (Abschr.), fol. 273r-278v, darin: Schutzbrief Karls V., 1549 06 11 (Abschr.), fol. 273v-275v; Fürbittschreiben zugunsten der Stadt: von den vier ausschreibenden Städten Straßburg, Nürnberg, Frankfurt am Main und Ulm, 1651 11 28 (Ausf.), fol. 300r-303v; ferner, undat. (präs. 1652 02 06), fol. 347r-352v; undat. [1652 05], fol. 477r-478v; von den reichsstädtischen Gesandten der Reichsversammlung, undat. (präs. 1653 01 21) (Ausf.), fol. 663r-666v; Namenslisten Herforder Gegner und Unterstützer Brandenburgs, fol. 562r-563v; Instruktion für die Herforder Gesandten Daniel Soest, Anton Ruschenbusch und Gerd Biermann, 1652 07 19 (Abschr.), fol. 739rv; Kostenrechnung für deren siebenjährige Tätigkeit, 1659 11/12 21 01, fol. 761rv, z. B. über 1.620 Gulden an Unterhaltskosten in Frankfurt “allwo wir bey dem Reichs Deputation fünff Jahr lang und 10 Wochen sollicitirt” (fol. 761r); Kommissionsakten, fol. 772r-902v, bestehend aus einem Protokoll über die Tätigkeit der Kommission 1651 09 06/16 bis 1651 10 13/23 (fol. 772r-805v) und zahlreichen Beilagen; Notariatsinstrumente; Druckschrift: Gründtliche Deduction ahn statt Manifests, der Hoheit, Erbgerechtigkeit, Gerichten und Rechten, so den Hertzogen von Cleve, Gulich, un Bergh, als Graven zu Ravenßberg ac. in der Statt Hervorden zubehören, mit allem bißherigem Verlauff. Jedermänniglichen zur Nachricht in truck gegeben, Arnheim, Jakob Biesen, 1652, unvollständig (S. 1-8), fol. 372r-375v. |
|
Angaben zu Inhalt und Struktur |
Kläger/Antragsteller/Betreff: | Herford, Stadt |
Beklagter/Antragsgegner: | Brandenburg, Kurfürst Friedrich Wilhelm von |
RHR-Agenten: | Herford: Burgdorf, Jeremias Pistorius von; Steiger, Heinrich (Vollmacht, 1651 11 17, Ausf., fol. 306r-307v) |
Gegenstand - Beschreibung: | 1647 08 20 besetzen kurfürstliche Truppen die im Gebiet der brandenburgischen Grafschaft Ravensberg liegende Stadt Herford, deren Status als freie Reichsstadt das Reichskammergericht nach langem Rechtsstreit mit dem Stift Herford durch ein Urteil von 1631 03 31 bestätigt hatte. 1648 erwirkt der Kammerfiskal “ex officio” ein Mandat sine clausula, welches dem Kurfürst von Brandenburg befiehlt, seine Truppen aus der eingenommenen Stadt abzuziehen, die entwendeten Gelder und Sachen zurückzugeben und den alten Rat wieder zu installieren. Der Herforder Gesandte Anton Fürstenau organisiert bei den Friedensverhandlungen in Münster, auf dem Nürnberg Exekutionstag und in Wien die Solidarität der Reichsstände mit seiner besetzten Heimatstadt und dringt in zahlreichen Eingaben auf die Exekution des auch vom Reichshofrat 1649 an den Kurfürst ergangenen Restitutionsbefehls. Hingegen schickt die Stadt 1650 11 12/22 ihre Vergleiche mit dem Kurfürst von 1647 und 1650 ein und bittet um kaiserliche Bestätigung. Im Vergleich von 1650 akzeptiert die Stadt ihre Eingliederung in die brandenburgische Grafschaft Ravensberg, erkennt den Kurfürst als Stadtherrn an und nimmt alle gegen Brandenburg gerichteten Klagen zurück. Dessen ungeachtet agiert Fürstenau weiterhin gegen Brandenburg und für die vom Reichskammergericht verbriefte Reichsunmittelbarkeit Herfords. Der brandenburgische Gesandte am Wiener Hof Andreas Neumann verweist darauf, dass die Stadt selbst um Bestätigung des Vergleichs nachgesucht habe. Er bittet, Fürstenau, der überdies seit langem ohne städtisches Mandat handle, in Zukunft kein Gehör mehr zu schenken. Der Kurfürst gründet seine stadtherrlichen Ansprüche auf die 1547 von der Äbtissin von Herford an den Herzog von Jülich, Kleve und Berg abgetretenen stadtherrlichen Rechte, die mit dem Herzogtum im Gefolge des jülisch-klevischen Erbfolgestreits 1614 auf ihn übergegangen seien. Das (I.) im Geheimen Rat gebilligte Votum des Reichshofrats folgt jedoch der Argumentation Fürstenaus: (1) Die Stadt sei durch ein Urteil des Reichskammergerichts von 1631 für reichsunmittelbar erklärt worden. (2) Sie habe diesen Status viele Jahre hindurch tatsächlich gehabt. (3) Dem Reich sei an der Beibehaltung dieses Zustands gelegen. (4) Über die Einreden des Kurfürsten sei noch nicht entschieden, weshalb (5) er keinesfalls gewaltsame Selbsthilfe praktizieren dürfe. (6) Der reichsunmittelbare Status Herfords sei durch die Friedensverträge abgesichert, (7) deren Einhaltung der Kaiser garantieren müsse. Deshalb dürften (8) die beiden eingeschickten Vergleiche, die “vi et metu extorquirt” und dem Reich schädlich seien, keinen Bestand haben. Schließlich (9) dürfe Fürstenau auch ohne besonderes Mandat gegen Rechtsverletzungen vorgehen. Daraufhin wird der Exekutionsbefehl an die Kommission erneuert, die in Herford im September und Oktober 1651 versucht, gegen den erklärten Willen des Kurfürsten den Status des Jahres 1647 wiederherzustellen. Sie entbindet die Räte von den Eiden, die sie dem Kurfürst geleistet haben, setzt den alten Rat wieder ein und kassiert den Vergleich von 1650. Daraufhin protestiert der Kurfürst beim Reichshofrat: mit der Entbindung von den Eiden, der Übertragung des Judengeleits an die Stadt und die Publikation eines entsprechenden Dekrets hätten die Subdelegierten ihren Kommissionsauftrag überschritten. Unterdessen trägt der kaiserliche Gesandte Isaak Volmar vor, die Stadt habe sich in einem beiliegenden Brief an die 1651 in Frankfurt versammelten Stände über erhebliche Drangsalierungen und Handelsblockaden durch Brandenburger Offiziere und |
| Soldaten beschwert. Dies berichten auch der Kurfürst von Köln (Kommissionsmitglied), die Subdelegierten sowie die Stadt selbst in zahlreichen Klageschriften. Der Kurfürst bestreitet die Vorwürfe und beantragt die Einrichtung einer Kommission zur Verhandlung seiner stadtherrlichen Ansprüche. Auf der Grundlage des (II. und III.) Votums des Reichshofrats wird dieses abgelehnt und dem Kurfürst befohlen, die Stadt nicht zu beschweren, Handel und Verkehr nicht zu beeinträchtigen sowie Schäden zu ersetzen. Aus Respekt vor der Dignität der Kurwürde ergeht dieser Befehl in Form eines einfachen Reskripts (nicht als Mandat sine clausula). In der Folge trägt Fürstenau vor, der Kurfürst habe die Blockade der Stadt noch intensiviert, sei mit Ravensberger Bauern und seinen Soldaten in die Herforder Feldmark eingedrungen und bereite eine Belagerung vor. Der Reichshofrat ist in seinem (IV.) Votum der Ansicht, dass die Handlungen des Kurfürsten “notorie des Heyl. Reiches Satzungen schnurstracks zu wider lauffen und mit keinem schein rechtens sich iustificiren lassen” (fol. 462r). Weil die Angelegenheit “im Hl. Reich allerhandt schädliche ärgernüs und consequenzen verursachen” (fol. 463r) könne, plädiert er in seinem Votum nun für ein Mandat sine clausula, welches den Kommissaren zugestellt und von diesen unter der Voraussetzung, dass sich die Ausführungen Fürstenaus als zutreffend erweisen, dem Kurfürst insinuiert werden soll. Mit Blick auf die Exekution des Mandats empfiehlt der Reichshofrat, den Bischof von Münster als auschreibenden Fürsten des Westfälischen Kreises zuzuschalten. Der Geheime Rat mildert in seinem Beschluss dieses Votum ab: An den Kurfürst ergeht lediglich ein weiteres Reskript, an dessen “Soldateska” dagegen ein strafbewährtes Mandat, welches die Kommissare nötigenfalls vor Ort insinuieren sollen. Unterdessen trägt der Kurfürst vor, dass Verhandlungen mit seiner “rebellischen” Stadt im Juli 1652 gescheitert seien, während die Stadt und insbesondere Fürstenau weiterhin die bedrängte Lage der eingeschlossenen Stadt schildern und strengere Befehle an Brandenburg erbitten. Auf der Grundlage eines (V.) Votums des Reichshofrats wird dem Kurfürst ein erneuter Restitutionsbefehl erteilt, der seine Forderungen nicht selbst exekutieren dürfe. Der Reichshofrat entspricht nun aber auch dessen Wünschen: die Kommission wird beauftragt, die aus dem jülichen Erbe stammenden Ansprüche Brandenburgs in Herford zu untersuchen sowie in Güte zu schlichten; der Stadt wird befohlen, stadtherrliche Rechte des Kurfürsten zu achten. Fürstenau sowie in dessen Nachfolge die Herforder Gesandten Daniel Soest, Anton Ruschenbusch und Gerd Biermann klagen weiterhin über brandenburgische Gewaltakte, die nicht erfolgte Restitution und die Einsetzung eines neuen Rats. Unter dem Druck der Belagerung hätten fünfzig Herforder Bürger die Stadttore geöffnet und die brandenburgischen Truppen erneut in die Stadt gelassen. Daraufhin sei aus dem Kreis dieser Bürger ein neuer Rat gebildet worden, der dem Kurfürst Huldigungseide geleistet habe. 1654 ergeht der Befehl an das kurmainzische Reichsdirektorium, Gutachten der Stände über den Streit einzuholen. Diese Gutachten bleiben jedoch aus. Der Akt schließt mit einem Gesuch der drei noch von dem alten Rat eingesetzten Gesandten von 1659, die beklagen, seit langem “weder den einen noch andern Beschaid erhalten” zu haben; alles sei “in suspenso bißhero gelassen worden, wie denn inn andern dergleichen Reichs Sachen, als Reichs- und Landkündig, auch beschehen” (fol. 760v). Der neue Rat wolle die Kosten ihrer siebenjährigen Gesandtschaft nicht tragen. Sie bitten, Vermögen Herforder Bürger in den Reichsstädten Hamburg, Köln, Frankfurt und Bremen zu beschlagnahmen, bis sie entschädigt worden seien. Auch dieses Gesuch bleibt unbeantwortet. |
Entscheidungen: | Restitutionsbefehl an den Kurfürst von Brandenburg, 1649 05 12 (Konz.), fol. 13r-14r, ferner (Abschr.), fol. 41r-42v; Befehl an den Kurfürst von Köln als kreissausschreibenden Fürsten des Westfälischen Kreises, den Kurfürst von Brandenburg zur Restitution Herfords zu ermahnen, 1649 08 25 (Konz.), fol. 21r-22r, ferner (Abschr.), fol. 43r-44v; Kommissionsbefehl an Kurköln und Herzog August von Sachsen-Lauenburg, den Restitutionsbefehl zu exekutieren, 1649 11 29 (Konz.), fol. 29r-32r, ferner (Abschr.), fol. 45r-46v; erneuert 1651 02 11 (Konz.), fol. 153r-155v, ferner (Abschr.), fol. 234r-235v; Schutzbrief für Herford, 1649 12 29 (Abschr.), fol. 47r-48v; (I.) Votum ad imperatorem, 1651 01 30, fol. 130r-141v, gebilligt im Geheimen Rat, 1651 02 11 (Verm.), fol. 141v; (II.) Votum ad imperatorem, 1652 03 07, fol. 358r-371v, gebilligt im Geheimen Rat, 1652 04 05 (Verm.), fol. 371v; (III.) Votum ad imperatorem, 1652 03 18, fol. 402r-403v, gebilligt im Geheimen Rat, 1652 04 05 (Verm.), fol. 403v; Restitutionsbefehl an den Kurfürst von Brandenburg, 1652 04 05 (Konz.), fol. 404r-410v; in schärferer Form wiederholt, 1652 05 17 (Konz.), fol. 467r-470v; Antwort an dens. (Ablehnung der beantragten Kommission, Klagemöglichkeit), 1652 04 05 (Konz.), fol. 412r-413v; Befehl an die Stadt Herford, die neuen Steuern wieder zurückzunehmen, 1652 04 05 (Konz.), fol. 414rv; (IV.) Votum ad imperatorem, 1652 05 14, fol. 459r-464v, modifiziert durch den Geheimen Rat, 1652 05 17 (Verm.), fol. 464v; Mandat an die vor Herford liegenden brandenburgischen Soldaten, sich bei Strafe aller weiteren feindseligen Handlungen gegen die Stadt zu enthalten und abzuziehen, 1652 05 17 (Konz.), fol. 471r-474r; Befehl an den Kurfürst von Köln und den Herzog von Sachsen-Lauenburg zur Insinuation dieses Mandats, 1652 05 17 (Konz.), fol. 465r-466r; (V.) Votum ad imperatorem, 1652 09 03, fol. 579r-594v, gebilligt im geheimen Rat, 1652 09 13 (Verm.), fol. 594v; daran anschließend Antwort an den Kurfürst, 1652 09 13 (Konz.), fol. 596-600v, ferner (Abschr.), fol. 612r-613v; Erweiterung des Kommissionsauftrags, 1652 09 13 (Konz.), fol. 602r-604r, ferner (Abschr.), fol. 611rv; Reskript an die Stadt Herford, 1652 09 13 (Konz.), fol.606r-608r, ferner (Abschr.), fol. 610rv; Befehl an das kurmainzische Reichsdirektorium, Gutachten der Stände einzuholen, 1654 03 13 (Konz.), fol. 735rv. |
Umfang: | Fol. 1-902 |
|
|
Verwandte Verzeichnungseinheiten |
Verwandte Verzeichnungseinheiten: | keine |
|
Benutzung |
Erforderliche Bewilligung: | Keine |
Physische Benützbarkeit: | Uneingeschränkt |
Zugänglichkeit: | Öffentlich |
|
URL für diese Verz.-Einheit |
URL: | https://archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=3287033 |
|
Social Media |
Weiterempfehlen | |
|
|