Angaben zur Identifikation |
Signatur: | AT-OeStA/AdR Justiz JA WN |
Titel: | BAfE Wiener Neudorf |
Entstehungszeitraum: | 1954 - 1974 |
Stufe: | Teilbestand |
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Angaben zum Umfang |
Anzahl: | 67 |
Archivalienart: | Akten |
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Angaben zum Kontext |
Aktenbildner-/Provenienzname: | Bundesanstalt für Erziehungsbedürftige Wiener Neudorf 1954-1974; |
Verwaltungsgeschichte: | Bis ins 19. Jahrhundert verfügte die Habsburgermonarchie über keine spezielle Haftanstalt für jugendliche weibliche Strafgefangene. Erst um 1830 wurde die Idee einer eigenen Anstalt für Mädchen aufgegriffen und mündete 1854 in der Gründung der ersten „k.k. Weiberstrafanstalt“ im ehemaligen fürsterzbischöflichen Sommerschloss Wiener Neudorf. Die 1835 in Frankreich gegründete Kongregation der Schwestern zum Guten Hirten (ursprünglich Orden Unserer Frau von der Liebe) erhielt am 1.8.1853 eine Niederlassung in Österreich und wurde durch die k.k. Statthalterei (später durch das k.k. Justizministerium) zeitgleich mit der organisatorischen Führung der Strafanstalt beauftragt.
Die Unterbringung der maximal 220 Frauen, deren Verpflegung und Bekleidung sowie ihre Bewachung, Erziehung und Beschäftigung war Aufgabe des Ordens. Die Finanzgebung erfolgte durch das Justizministerium mittels eines Pauschalbetrages für jeden untergebrachten Zögling in Form eines Darlehens an die Schwestern. 1867 wurde die Anstalt unter die Leitung eines Strafanstaltinspektors gestellt, der dazu berufen war, im Interesse des Staates zu agieren sowie die Einhaltung der Vollzugsordnung zu überwachen und zu garantieren. Ebenso wurden Justizwachebeamte zum dauernden Dienst in Wiener Neudorf abgestellt.
Nach der Gründung der Republik bis zur vorläufigen Schließung 1938 wurde Wiener Neudorf als „Besserungsanstalt für Mädchen“ weitergeführt. Zwischen 1938 und 1945 waren in den Gebäuden eine Polizeischule sowie ein Lazarett untergebracht, anschließend wurde der Komplex von der russischen Besatzungsmacht als Unterbringungsmöglichkeit für durchreisende Offiziere und als Nachschublager genutzt. Direkt nach Beendigung des Krieges wurde mangels einer räumlichen Alternative seitens der Kongregation und der österreichischen Regierung die Rückgabe der stark bombengeschädigten Anstalt von den Russen gefordert. Trotz massiver Interventionen konnte erst ab 1949 mit dem Wiederaufbau begonnen werden und nach endgültiger Räumung der Gebäude durch die Besatzungsmacht wurde die „Bundesanstalt für Erziehungsbedürftige (Frauen)“ 1954 erneut unter der Leitung des Ordens in Betrieb genommen.
Im Zuge der Strafrechtsreformen der 1970er Jahre wurde, da die Schwestern infolge Personalmangels und Überbelegung nicht mehr in der Lage waren, die ordnungsgemäße Aufsicht über die Zöglinge zu gewährleisten, ab 1971 eine vollständige Übernahme der Anstalt durch das Bundesministerium für Justiz angestrebt. Auch ein Verkauf der Gebäude wurde mehrfach in Erwägung gezogen. Nach langwierigen Verhandlungen wurde schlussendlich der Vertrag mit der Kongregation zum Guten Hirten mit Ende 1972 aufgelöst. Es folgte eine kurze Übergangsphase durch Mitarbeiter der Bewährungshilfe, ehe die Erziehungsanstalt Ende 1974 endgültig geschlossen wurde. Als einzige für den Vollzug gerichtlicher Freiheitsstrafen an Frauen einschließlich Jugendlichen zuständige Haftanstalt besteht seither die Justizanstalt Schwarzau am Steinfeld südlich von Wiener Neustadt.
Heute sind im ehemaligen Gebäudekomplex der Erziehungsanstalt unter anderem die Polizeiinspektion Wiener Neudorf (Westtrakt), das Marktgemeindearchiv (Südtrakt) sowie seit 2011 ein Seniorenwohnheim mit Pflegestation (Osttrakt inkl. einem neu errichteten Anbau) untergebracht. |
Archivierungsgeschichte: | Die vorliegenden historisch wertvollen Zöglingsakten (ca. 1954-1974), wurden 1996 im Zuge der Aktenübernahme der BAfE Kaiserebersdorf als Restbestand der ehemaligen BAfE Wiener Neudorf dem Archiv der Republik übergeben. |
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Angaben zu Inhalt und Struktur |
Inhalt: | Bundesanstalt für Erziehungsbedürftige Wiener Neudorf; Zöglingsakten; |
Bewertung und Kassation: | Da generell kaum Akten der Justizanstalten übernommen und archiviert werden, stellt der hier vorliegende Bestand eine archivierungsgeschichtliche Ausnahme dar. Die Bundeserziehungsanstalt Wiener Neudorf war österreichweit die einzige Jugendstrafanstalt für Frauen und deren Schriftgut ist somit historisch von originärer und überregionaler Bedeutung. |
Neuzugänge: | Keine |
Ordnung und Klassifikation: | Die sogenannten "Zöglingsakten" (=Personalakten der Anstaltsinsassinnen) der Erziehungsanstalt Wiener Neudorf lagen ursprünglich numerisch unabhängig vom Jahrgang ein. Die Ablage erfolgte laufend nach Beginn der Anhaltung in der Justizanstalt. Zur Verbesserung der Benutzbarkeit wurden die Akten alphabetisch geordnet und sind durch ein Stückverzeichnis zugänglich. |
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Angaben zur Benutzung |
Zugangsbestimmungen: | Der Bestand ist gemäß Bundesarchivgesetz (BGBl. I/162/1999) in Zusammenhang mit der Benutzerordnung des Österreichischen Staatsarchivs in der jeweils gültigen Fassung zugänglich. Es gilt eine generelle Schutzfrist von 30 Jahren ab der letzten inhaltlichen Bearbeitung des Aktes. Zusätzlich ist, da es sich bei den Zöglingsakten um personenbezogenes Schriftgut großteils noch lebender Personen handelt, vor der Akteneinsicht eine Vollmacht der Betroffenen oder ein Todesnachweis (Parte, Zeitungsausschnitte etc.) vorzulegen. |
Sprache: | Deutsch |
Findhilfsmittel: | Stückverzeichnis, Datei |
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Angaben zu verwandtem Material |
Verwandtes Material: | Bundesministerium für Justiz, Sektion V/E (Strafvollzug) |
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Verwandte Verzeichnungseinheiten |
Verwandte Verzeichnungseinheiten: | keine |
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Benutzung |
Schutzfristende: | 31.12.2004 |
Erforderliche Bewilligung: | Keine |
Physische Benützbarkeit: | Uneingeschränkt |
Zugänglichkeit: | Öffentlich |
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URL für diese Verz.-Einheit |
URL: | https://archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=3002420 |
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