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AT-OeStA/HHStA RK Reichskanzlei, 14. Jh.-19. Jh. (Bestand)
Angaben zur Identifikation |
Signatur: | AT-OeStA/HHStA RK |
Titel: | Reichskanzlei |
Entstehungszeitraum: | zwischen 14. Jh. und 19. Jh. |
Stufe: | Bestand |
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Angaben zum Umfang |
Anzahl: | 5507 |
Archivalienart: | Akten und Geschäftsbücher |
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Angaben zum Kontext |
Aktenbildner-/Provenienzname: | Die Reichskanzlei (königliche Hofkanzlei, im Spätmittelalter auch römische Kanzlei) war seit dem Mittelalter jene Behörde am Hof des deutschen Königs, die die königlichen Urkunden ausfertigte. Sie war Teil der Hofkapelle und unterstand so dem Erzkaplan, seit 965 dauernd der Erzbischof von Mainz (seit dem 11. Jahrhundert Reichserzkanzler). Dieser blieb auch Vorstand der Kanzlei, als diese im 12. Jahrhundert aus der Hofkapelle ausschied, der tatsächliche Einfluß auf die Reichskanzlei schwankte aber über die Jahrhunderte beträchtlich. In Vertretung des Mainzer Erzkanzlers versah der vom König ernannte, ebenfalls bis ins 15. Jahrhundert dem geistlichen Stand entstammende Hof- oder Reichskanzler (cancellarius aulae, cancellarius curiae imperialis) die tatsächlichen Amtsgeschäfte. Zu diesen zählte seit Heinrich V. definitiv auch das Kanzleiwesen für Italien und Burgund. Reichserzkanzler für Italien blieb formell jedoch der Erzbischof von Köln, für Burgund (per Galliam et regnum Arelatense) der Erzbischof von Trier. Seit Ende des 13. Jahrhunderts verstärkte sich der Einfluß des Mainzer Erzkanzlers auf die Reichskanzlei und ihr Personal, eine Entwicklung, die die Goldene Bulle jedoch neuerlich vorübergehend bremste. Unter dem Konflikt zwischen Kaiser Maximilian I. und den Reichsständen, unter denen der Reichserzkanzler, der Kurfürst von Mainz Berthold von Henneberg, eine führende Rolle spielte, litt auch der Status der Reichskanzlei. Die von Maximilian I. 1498 geschaffene Hofkanzlei sollte als Gegenbehörde zur Römischen Kanzlei auch für Reichsangelegen-heiten zuständig sein, während die auf Mainzer Druck ergangene Reichskanzleiordnung vom September 1498 die Hofkanzlei wieder auf erbländische und burgundische Angelegenheiten beschränkte. Während des 1. Reichsregiments 1500-02 war die Reichskanzlei eigentlich Kanzlei des Regiments. Nach dessen Scheitern wurden ihr die Reichssiegel abgenommen, die Hofkanzlei Maximilians übernahm wieder ihre alte Doppelrolle als Behörde für die Erblande und das Reich. Die Hofkanzler Maximilians fungierten daher im Grunde auch als Reichskanzler. Die nominelle Leitung der Hofkanzlei wurde dem Mainzer Erzkanzler 1516 und neuerlich 1519 zugestanden. Als dauernder Vertreter des Erzkanzlers am kaiserlichen Hoflager wurde die seit Sigismund greifbare Funktion des Reichsvizekanzlers verankert; um ihre Besetzung nominell stand sie dem Kurfürsten von Mainz zu ist es bis zum Ende des alten Reichs immer wieder zu Konflikten zwischen dem Kaiser und den Mainzer Kurfürsten gekommen. Auch die 1526-1559 bestehende königliche Hofkanzlei Ferdinands I., wenig mehr als eine Schreibstube, bearbeitete, wie es Ferdinands Stellung als Statthalter des kaiserlichen Bruders im Reich entsprach, von Anfang an Reichssachen. 1559 wurde die alte Hofkanzlei Ferdinands I. mit der Reichskanzlei vereinigt; am 1. Juni 1559 erhielt sie eine erste Ordnung. Schon die Ordnung von 1559 postulierte eine strikte Trennung von Reichsangelegenheiten und erbländischen Materien, die zwar in den Ordnungen von 1566 und 1570 noch deutlicher ausgesprochen, aber nie wirklich exekutiert wurde.Die Reichshofkanzlei war in der Tat zugleich auch geheime Haus- und österreichische Landeskanzlei (Fellner/Kretschmayr). Erst die Ausgliederung der österreichischen Expedition der Reichshofkanzlei und ihre Aufwertung zu einer für österreichische und Haussachen zuständigen Österreichischen Hofkanzlei im Jahre 1620 gewährleistete die völlige Kompetenzscheidung allerdings durchaus nicht im reichischen Sinne, wobei die Schmälerung der Einnahmen aus den Kanzleitaxen noch das |
| geringere Übel darstellte. Denn in zunehmend erbitterter Konkurrenz zur neuen Österreichischen Hofkanzlei verlor die Reichshofkanzlei nun generell sehr rasch an Stellenwert. Seit Joseph I. (1705-1711) war die Reichshofkanzlei trotz gegenteiliger Bestimmungen vieler Wahlkapitulationen definitiv zugunsten der Hofkanzlei aus der Gestaltung der habsburgischen Außenpolitik verdrängt. |
Verwaltungsgeschichte: | Die Reichskanzlei gliederte sich in zwei Expeditionen, eine deutsche und eine lateinische, denen jeweils ein Referendar vorstand. Die Verwaltungskosten der Reichs(hof)kanzlei wurden aus den von der Behörde selbst eingehobenen Taxen bestritten. Die Reichshofkanzlei folgte stets dem Kaiser, 1578 übersiedelte sie mit Rudolf II. zum Großteil nach Prag, 1742-45 folgte sie dem Wittelsbacher Karl VII. Albrecht. |
Archivierungsgeschichte: | Während die Verwaltung der Judizial- und Gratialregistratur des Reichshofrats nach 1806 einer eigenen Aktenkommission übertragen wurde, kamen die politisch-diplomatischen Akten der Reichshofkanzlei (Registratura actorum publicorum deutscher und lateinischer Expedition enthaltend Weisungen an die kaiserlichen Vertretungsbehörden, Reichstagsakten, Kreisakten, Friedensakten, Vorträge des Reichsvizekanzlers an den Kaiser usw.) und das nur sieben Kisten umfassende Archiv der Reichshofkanzlei (die Sammlung von Staatsurkunden wie Reichsabschiede, kaiserliche Wahlinstrumente, Reichsfriedensschlüsse etc.) unter die Obhut des Hausarchivs. Die Übergabe erfolgte im Jahre 1807.1809 waren zwar die Reichsurkunden mit großen Teilen des Hausarchivs rechtzeitig aus Wien geflüchtet worden, die politischen Akten der Reichshofkanzlei wurden aber so wie das von der reichshofrätlichen Aktenkommission betreute Schriftgut und das alte Archiv der Staatskanzlei von den Franzosen nach Paris verschleppt. 1815-16 kehrten die Akten in zwei Partien nach Wien zurück. Ein Teil (Reichstagsakten, Prinzipalkommission, Kreisakten, Wahl- und Krönungsakten, Zeremonialakten usw.) blieb hier aus Platzmangel zunächst der Aktenkommission überlassen und konnte erst 1819 vom Staatsarchiv rückübernommen werden.Der andere Teil (Nationalia, Kriegsakten, Reichskrieg gegen Frankreich, Friedensakten usw.), und hier vor allem die diplomatischen Korrespondenzen der Reichskanzlei, war in Paris mit den entsprechenden Aktenbeständen des Archivs der Staatskanzlei zu länderweise geordneten Nationalia vermischt worden, wie sie im übrigen mit Sicherheit schon im Archiv der Reichshofkanzlei bestanden . Dieses Segment der Reichshofkanzleiakten wurde ab 1815 im Hauptarchiv von den Staatskanzleiakten separiert , geordnet und neu verzeichnet und teilte erst wieder ab ca. 1850 das Schicksal des übrigen Schriftgutnachlasses der Reichskanzlei, der bis zur Vereinigung aller Bestände im neuen Haus am Minoritenplatz 1902 notdürftig in verschiedenen Ausweichquartieren der Inneren Stadt untergebracht war.Die Nationalia schied jedoch aus dem Verband der Reichskanzleiakten aus und bildete den Grundstock für die nach 1851 künstlich aus Akten der Reichskanzlei, der Österreichischen Hofkanzlei und der Staatskanzlei geschaffenen Staatenabteilungen (vereinigte diplomatische Akten). Die Staatenabteilungen gliedern sich in zwei Gruppen: in eine weiterhin als Nationalia bezeichnete Gruppe mit Schriftgut zu den Beziehungen zwischen Kaiser und Reichsständen (Alsatica, Bavarica, Brandeburgica, Brunsvicensia, Coloniensia, Lotharingica, Moguntina, Palatina, Saxonica, Trevirensia, Württembergica, überwiegend, aber keineswegs ausschließlich aus dem Geschäftsgang der Reichshofkanzlei, und ein die Beziehungen zu den außerdeutschen Staaten abdeckendes Segment; auch bei letzteren läßt sich der Aktengrundstock aus der Reichshofkanzlei noch anhand der Struktur des Bestandes gut erkennen (Hollandica, Russica usw.). Allerdings stellen die Nationalia der Staatenabteilungen nur mehr den verstümmelten Rest der Nationalia der Reichskanzlei dar; die Weisungen und Berichte wurden nämlich von Matthias Nowotny zwischen 1851 und 1855 entnommen und bilden heute den Bestand Reichskanzlei Diplomatische Korrespondenz. |
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Angaben zu Inhalt und Struktur |
Inhalt: | Die Bestandsgruppe Reichshofkanzlei bietet zum einen in den Reichsregistern sowie in den Reichstaxbüchern eine relativ leicht benützbare Ergänzung zu den Gratialia des Reichshofrats, zum anderen aber vor allem Material zu den politisch-diplomatischen Agenden der Reichshofkanzlei als oberster Reichsexekutivbehörde (z.B. Vorträge des Reichsvizekanzlers an den Kaiser, Reichsakten in specie, Reichstagsakten, Wahl- und Krönungsakten, Kreisakten etc.) und hauptsächliche Trägerin des kaiserlichen diplomatischen Dienstes bis Anfang des 18. Jahrhunderts (u.a. Diplomatische Akten, Friedensakten, Reichskrieg gegen Frankreich etc.). Die Beziehungen des Kaisers zu den kleineren Reichsständen werden durch den gleichnamigen Bestand Kleinere Reichsstände abgedeckt.Da die Vereinigung der diplomatischen Akten von Reichshofkanzlei, Hofkanzlei und Staatskanzlei zu den Staatenabteilungen ab 1851 nur inkonsequent und unvollständig erfolgte, ist speziell das Aktenmaterial zu den Beziehungen zwischen dem Kaiser und den deutschen Reichsständen in besonders lästiger Weise aufgesplittert. Beschäftigt man sich etwa mit dem Verhältnis zwischen dem Kaiser und den Kurfürsten von Brandenburg-Königen von Preußen, so wird man diplomatische Korrespondenzen dazu neben der 1920-21 wiederhergestellten Österreichischen Geheimen Staatsregistratur in den Brandenburgica der Staatenabteilungen, in Reichskanzlei Diplomatische Korrespondenz Berlin (Preußen) sowie in Staatskanzlei Diplomatische Korrespondenz Preußen heranziehen müssen.Auf Sonderbestände wird im weiteren noch zurückzukommen sein. Zu erwähnen ist insbesondere die schon in der Reichskanzlei bestehende sehr umfangreiche Sammlung von Druckschriften (Deduktionen). |
Ordnung und Klassifikation: | Der Bestand ist in thematische Serien gegliedert |
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Angaben zur Benutzung |
Zugangsbestimmungen: | Der Bestand ist gemäß Bundesarchivgesetz (BGBl. I/162/1999) in Zusammenhang mit der Benutzerordnung des Österreichischen Staatsarchivs in der jeweils gültigen Fassung zugänglich |
Sprache: | Deutsch, Latein |
Findhilfsmittel: | Gesamtinventar Bd. 1, S. 316-375. Behelfe der Gruppe II. |
Findmittel-Datei: | |
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Angaben zu verwandtem Material |
Verwandtes Material: | Staatskanzlei Diplomatische Korrespondenz. Staatenabteilungen. Mainzer Erzkanzlerarchiv Reichskanzlei und Reichstaxamt. Handschriftensammlung W 608 (Reichshofkanzleiordnung 1566). Vgl. im übrigen bei den einzelnen Beständen. |
Veröffentlichungen: | Gesamtinventar Bd. 1, S. 276-283 (Reichshofrat und Reichshofkanzlei), 511-584 (Staatenabteilungen). ÖZV I/1, bes S. 139-173. Lothar Groß, Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559 bis 1806 (= Inventare österreichischer staatlicher Archive V/Inventare des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs 1; Wien 1933), bes. S. 281-306 (Archiv der Reichshofkanzlei). R. Hoke, Reichskanzlei. In: HRG Bd. 4, Sp. 662-667. B.-R. Kern, Reichshofkanzlei. In: HRG Bd. 4, Sp. 626-630. Lothar Groß, Der Kampf zwischen Reichskanzlei und österreichischer Hofkanzlei um die Führung der auswärtigen Geschäfte. In: Historische Vierteljahrsschrift 22 (1924/25) 279-312. |
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Verwandte Verzeichnungseinheiten |
Verwandte Verzeichnungseinheiten: | keine |
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Benutzung |
Schutzfristende: | 31.12.1830 |
Erforderliche Bewilligung: | Keine |
Physische Benützbarkeit: | Uneingeschränkt |
Zugänglichkeit: | Öffentlich |
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URL für diese Verz.-Einheit |
URL: | https://archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=160 |
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