AT-OeStA/AdR MRang MR 1. Rep MRP Ministerratsprotokolle, 1920-1938 (Teilbestand)

Archivplan-Kontext


Angaben zur Identifikation

Signatur:AT-OeStA/AdR MRang MR 1. Rep MRP
Titel:Ministerratsprotokolle
Entstehungszeitraum:1920 - 1938
Stufe:Teilbestand
Frühere Signaturen:04R103/1

Angaben zum Kontext

Aktenbildner-/Provenienzname:Der Ministerrat
Verwaltungsgeschichte:Nach dem Inkrafttreten der Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (BGBl. Nr. 1/1920) am 10. November 1920 wurden die Regierungsmitglieder zu Bundesministern, vormals Staatssekretäre (vgl. Bestandsbeschreibung Kabinettsratsprotokolle). Demzufolge wurden die gemeinsamen Sitzungen der Regierungsmitglieder als Ministerrat bezeichnet.

Laut Bundesverfassungsgesetz vom 16. Dezember 1920 (BGBl. Nr. 8/1921) war die Bundesregierung allein ermächtigt, taxativ bestimmte Staatsverträge zu schließen. Diese Regelung erlosch mit 31. Dezember 1921. Durch die Entschließung des Bundespräsidenten vom 31. Dezember 1920 (BGBl. Nr. 49/1921), wurde die Ermächtigung zum Abschluss von Staatsverträgen konkretisiert und auf die Bundesminister erweitert. Durch das Bundesgesetz vom 14. Juli 1921 (BGBl. Nr. 366/1921) wurde die Bundesregierung zur Aufnahme von ausländischen Krediten und deren Sicherstellung ermächtigt (Völkerbundanleihe).

Das Bundesverfassungsgesetz vom 30. Juli 1925 (BGBl. Nr. 268/1925) brachte eine geringe Reform der Verwaltung und eine Erweiterung der Befugnisse der Bundesregierung. Mit Bundesgesetz vom 30. Juli 1925 (BGBl. Nr. 294/1925) "über die Beschränkung der Zulässigkeit einer Betätigung von Volksbeauftragten und anderen öffentlichen Funktionären in der Privatwirtschaft" wurde ein Unvereinbarkeitsgesetz geschaffen.

Durch das Bundesverfassungsgesetz vom 7. Dezember 1929 (BGBl. Nr. 392/1929) wurde die Stellung des Bundespräsidenten gestärkt und er mit der Ernennung und Enthebung der Regierung betraut.

Aufgrund des Bundesverfassungsgesetzes vom 30. April 1934 (BGBl. Nr. 255/1934) über die Verfassung des Bundesstaates kam es neben einer Änderung im legistischen Bereich auch zu einer Verschiebung der Kompetenzen in der Bundesregierung.

Die Geschäftsordnung wurde im Bundesgesetz vom 24. November 1934 (BGBl. Nr. 365/1934) "über die Geschäftsordnung der Organe der Bundesgesetzgebung" neu geregelt.

Basierend auf dem Bundesverfassungsgesetz 1934, nach der Entschließung des Bundespräsidenten vom 19. Jänner 1935 (BGBl. Nr. 13/1935), wurden die Regierung und die zuständigen Minister der Bundesregierung ermächtigt, "bestimmte Kategorien von Staatsverträgen" abzuschließen.

Mit dem Bundesverfassungsgesetz vom 12. März 1938 "über die Wiedervereinigung mit dem Deutschen Reich" (AdR, MRP1, Nr. 1.071), welches aufgrund des Ermächtigungsgesetzes von der neuen Regierung beschlossen wurde, endete die 1. Republik. Dies galt auch für den Ministerrat der österreichischen Bundesregierung (vgl. Bestandsbeschreibung Österreichische Landesregierung).
Archivierungsgeschichte:Der Bestand wurde nach dem Anschluss an das Deutsche Reich im Zuge der Erfassung des Aktenmaterials im Bundeskanzleramt im Tresor aufgefunden und aufgrund einer Verfügung der Abteilung III des Ministeriums für innere und kulturelle Angelegenheiten als "Schutzmaßnahme für die Registraturen der ehemaligen Bundesministerien" dem Reichsarchiv Wien (Staatsarchiv des Innern und der Justiz) übergeben. Aus diesem Archiv wurde 1945 das Allgemeine Verwaltungsarchiv, eine Abteilung des Österreichischen Staatsarchivs. Im Zuge der Übersiedlung in den zentralen Neubau im Jahr 1988 wurde der Bestand vom Archiv der Republik übernommen.

Angaben zu Inhalt und Struktur

Inhalt:Der Ministerrat und seine Beschlüsse, also die Sitzungen und die Entscheidungen der Bundesminister als Bundesregierung, sind in zwei Hauptgruppen zu unterscheiden. Die erste bezieht sich auf jene Angelegenheiten, die aufgrund der Verfassung dem Ministerrat zur Beschlussfassung zugewiesen wurden, erkennbar durch die Formulierung im Beschluss als "Genehmigt". Bei der zweiten Gruppe handelt es sich um Zustimmungskundgebungen zu den von den einzelnen Ressortministern dem Ministerrat zur Kenntnis gebrachten Informationen. Hier folgt dem Beschluss die Formulierung "zur Kenntnis genommen".

Weiters liegen dem Ministerratsprotokoll noch die Personalanträge bei, die in einer besonderen Personalsitzung, oft vor der eigentlichen Ministerratssitzung, beschlossen wurden. Die Anträge, die dann den Vermerk "In der Sitzung des Ministerrates vom .... genehmigt" tragen, sind ab dem Jahr 1933 durch ein eigenes "Nachschlagebuch über den Einlauf zum Ministerrat", einem Namensregister der Personen, erschlossen. Die Zahl neben dem Namen weist auf die Ministerratssitzung, die Subzahl in römischen Ziffern, auf den Punkt des Einlaufes des Ressortministers (z. B. 859/III = Ministerratssitzung Nr. 859, Punkt III = Minister Resch) hin. Ebenso liegen auch die Tabellaranträge bei. Vor 1933 lassen sich Personalanträge nicht über Bücher erschließen, da diese in den Indizes des Ministerrates nicht verzeichnet sind.

Bis zur 320. Ministerratssitzung (16. April 1924) sind die Ministerratsprotokolle gedruckt worden. Ab dem Ministerratsprotokoll Nr. 321 wurde nur mehr eine Reinschrift angefertigt. Weiters ist zu bemerken, dass über die 955. und 956. Ministerratssitzung, welche am 25. Juli 1934 wegen der Besetzung des Bundeskanzleramtes durch die Nationalsozialisten und durch die Ermordung des Bundeskanzlers Dr. Engelbert Dollfuß unterbrochen wurde, keine Protokolle vorhanden sind. Die Sitzung des Rumpfministerrates fand in einem anderen Gebäude statt. Da aber der Protokollführer im Bundeskanzleramt festgehalten wurde, hatte man auf die Protokollierung der Ministerratssitzungen verzichtet.

Der letzte Ministerrat unter Bundeskanzler Dr. Kurt Schuschnigg war am 21. Februar 1938 (AdR, MRP1, Nr. 1.069). Der neue Bundeskanzler, Dr. Arthur Seyss-Inquart, hielt die nächste Sitzung am 12. März 1938 um 11.30 Uhr ab (AdR, MRP1, Nr. 1.070). Am Nachmittag desselben Tages wurde von 17.00 Uhr bis 17.05 Uhr der letzte Ministerrat abgehalten (AdR, MRP1, Nr. 1.071). In diesem, geleitet durch den nun neuen Reichsstatthalter in Österreich, Dr. Arthur Seyss-Inquart, wurde der Anschluss an das Deutsche Reich per Bundes-Verfassungsgesetz beschlossen.

Bestandsschwerpunkte:
Abschluss von Staatsverträgen; Beratung von Vorlagen für den Nationalrat; Erlass von Vollzugsanweisungen; Genehmigung von Gesetzentwürfen zur Vorlage im Nationalrat; Genehmigung von Landtags- und Landesratsbeschlüssen; Genehmigung von Vertragsentwürfen zur Vorlage im Nationalrat Personalangelegenheiten (Verleihung von Dienstposten); Verwaltung des Bundes

Zirkulare:
Einholung von Ministerratsbeschlüssen im Zirkulationsweg
Ordnung und Klassifikation:Der Bestand besteht zur Masse aus den Ministerratsprotokollen, weiters gibt es die zurückgestellten Ministerrats- und Personalanträgen, die nicht mehr erledigten Personalanträge und die Zirkulare.

Insgesamt sind 207 Kartons mit Ministerratsprotokollen in chronologischer Reihenfolge vorhanden. Diese sind gut mit Geschäftsbüchern erschlossen. Acht Indizes erfassen den Zeitraum von 1920 bis zum Anschluss 1938. Von 1933 bis 1938 sind Nachschlagebücher über den Einlauf der Personalanträge vorhanden. Die Tagesordnungspunkte von 1920 bis 1932 sind in einem Band zusammengefasst.

Ein Ministerratsprotokoll besteht im Idealfall aus:

1. Einlauf und Tagesordnung
2. stenographischem Protokoll
3. maschinengeschriebenem korrigierten Konzept des Verhandlungsprotokolls
4. Reinschrift des Verhandlungsprotokolls mit Beilagen und geheimen Annexen
5. Konzept des Beschlussprotokolls (ab der 321. Ministerratssitzung)
6. Reinschrift des Beschlussprotokolls (ab der 321. Ministerratssitzung)
7. genehmigten Personalanträgen

Zurückgestellte Ministerrats- und Personalanträge:
Diese Anträge sind auch im Ministerrats-Index und im Einlaufbuch der Personalanträge als "zurückgestellt" verzeichnet. Die in einem Karton abgelegten Anträge umfassen den Zeitraum von 1933 bis 1938.

Nicht mehr erledigte Personalanträge:
Diese, in einem Karton abgelegten Personalanträge, konnten aufgrund der Ereignisse im März 1938 nicht mehr behandelt werden. Diese nicht mehr erledigten Personalanträge sind in keinem Geschäftsbuch verzeichnet. Eine Erfassung der Namen wird in nächster Zeit angestrebt.

Zirkulare:
Ab dem Jahr 1926 wurden außerhalb der Ministerratsitzungen Beschlüsse auch im Zirkulationsweg eingeholt. Es waren dies oftmals Entscheidungen von dringlicher Art.

Im Index sind diese Beschlüsse dann als "Cir." (alte Schreibweise = Circulare) bezeichnet und nicht nummeriert, sondern nur mit dem Datum des Zirkulars näher bezeichnet. Die Zirkulare sind in zwölf Kartons (1926 bis 1938) abgelegt.

Angaben zur Benutzung

Zugangsbestimmungen:Der Bestand ist gemäß Bundesarchivgesetz (BGBl. I/162/1999) in Zusammenhang mit der Benutzerordnung des Österreichischen Staatsarchivs in der jeweils gültigen Fassung zugänglich.
Sprache:Deutsch
Findhilfsmittel:Indizes, Nachschlagebücher, Tagesordnungsbuch, Aufstellungsverzeichnis

Angaben zu verwandtem Material

Verwandtes Material:Ministerratsmaterial in den anderen Ressorts - siehe z.B.bei den Bestandsgruppen Unterricht und Verkehr
Veröffentlichungen:Edition der Ministerratsprotokolle (Hg): Die Österreichische Gesellschaft für historische Quellenstudien unter Mitwirkung des Österreichischen Staatsarchives.

Weitere Bemerkungen

Bemerkungen:Der Bestand umfasst 221 Kartons.
 

Verwandte Verzeichnungseinheiten

Verwandte Verzeichnungseinheiten:keine
 

Benutzung

Schutzfristende:31.12.1968
Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL:https://archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=495489
 

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