AT-OeStA/HHStA UR AUR, 1815 VI 9 Schlussakten des Wiener Kongresses (Österreichisches Exemplar), 1815.06.09 (Einzelstück (Aktenstück, Bild, Karte, Urkunde))

Archivplan-Kontext


Angaben zur Identifikation

Signatur:AT-OeStA/HHStA UR AUR, 1815 VI 9
Titel:Schlussakten des Wiener Kongresses (Österreichisches Exemplar)
Entstehungszeitraum:09.06.1815
Stufe:Einzelstück (Aktenstück, Bild, Karte, Urkunde)

Angaben zum Kontext

Archivalienart:Urkunde

Angaben zu Inhalt und Struktur

Regest:In ein Kompendium von 121 Artikeln im Umfang eines stattlichen Codex setzte sich die Arbeit eines der berühmtesten Kongresse der europäischen Geschichte um, der Wien zum ersten Mal den Anstrich einer internationalen Kongreßmetropole verlieh. Mit dem Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft war klar, daß man nicht einfach zu staatlichen Verhältnissen, wie sie im Ancien Régime gegeben waren, zurückkehren konnte. Nach dem Stand der Dinge von Anfang 1814 sollte Wien zunächst unabhängig von Friedensverhandlungen ein Treffpunkt der vier Großmächte England, Österreich, Preußen und Rußland sein, um die Gebietsabtrennungen Frankreichs ohne Interventionen anderer Staaten festzulegen. Die Umwandlung bzw. Ausweitung der Thematik zu einem allgemeinen Friedenskongreß, der für alle kriegführenden Mächte zugänglich war, ergab sich nach der Restauration des bourbonischen Königtums, das für eine solche Vorgangsweise eintrat. Das Programm wurde durch den Ersten Pariser Frieden vom 30. Mai 1814 bestimmt und nahm sich vor, "ein wirkliches und dauerhaftes System des Gleichgewichts in Europa" zu schaffen. Als erste Besprechungen der Großmächte im September die Diskussion über die Organisation des Kongresses eröffneten, wurde der Sechserausschuß unter Zuziehung von Frankreich und Spanien zur Abwicklung des Geschäftsganges gebildet. Portugal erreichte es, seinen Standpunkt nach führender Beteiligung aller Signatarmächte des Pariser Friedens durchzusetzen, sodaß ein Komitee der Acht zusätzlich Portugal und Schweden einschloß. Dem diplomatischen Geschick Talleyrands war es zuzuschreiben, daß Frankreich die Vier-Alliierten-Gruppe mit seiner Teilnahme zu einer Fünferkonferenz vergrößerte. Die wichtigsten Fragen des Kongresses – abgesehen von den hier angedeuteten Bestrebungen zur Arbeitsweise – waren einerseits territoriale Neuregelungen, die vom Gedanken des Gleichgewichts getragen werden sollten und die größten Dissonanzen bis hin zu wechselnden Allianzen unter den Großmächten auslösten. Der Begriff "Gleichgewicht" ließ sich unterschiedlich, je nach Eigeninteresse definieren. Den Alliierten war das Schlagwort der Zurückdrängung Frankreichs gemeinsam, das aber mit erreichter Einbeziehung ebenfalls seine Vorstellungen von Gleichgewicht ins Spiel brachte, die selbstverständlich anders ausgerichtet waren als z.B. diejenigen Metternichs. Andererseits ging es nicht zuletzt darum, Grundlagen für eine Verfassung Deutschlands zu finden, die 39 Staaten durch ein "föderatives Band" zusammenhalten sollte und in der Gründung des Deutschen Bundes vom 8. Juni 1815 verwirklicht wurde.
Die eigentliche Arbeit spielte sich in internen Unterredungen und endlosen Sitzungen der zahlreichen Kommissionen ab (eine eigene Kommission war mit der Redaktion betraut), die aber dann nicht kontinuierlich tagen konnten, wenn ein besonders brisantes Thema wie die sächsisch-polnische Frage die Szene beherrschte. Russische Expansion beabsichtigte, Polen als Königtum unter russische Oberhoheit zu stellen, Preußen dachte an die Einverleibung Sachsens, das zu lange auf Napoleons Seite gestanden war. Erst als mit der Teilung sowohl Polens wie auch Sachsens ein Kompromiß gefunden war, konnten andere Themen wie das künftige Schicksal Italiens diskutiert werden, wo sich in der Hauptsache Metternichs Vorstellungen durchsetzten. Der Schock, den Napoleons Flucht aus Elba und seine Herrschaft der 100 Tage auslöste, mag für eine größere Rücksichtnahme auf den Grundsatz der Gemeinsamkeit heilsam gewesen sein. Der Kongreß setzte trotz des neuerlichen Kriegsausbruchs, der eine Erneuerung der Allianz gegen Napoleon bewirkte, seine Tätigkeit fort: Die Schlußakten lagen knapp vor der entscheidenden Niederlage des Korsen bei Waterloo/Belle Alliance auf dem Tisch.
Für jeden Signatarstaat des Pariser Friedens war ein Exemplar des "Acte final du Congrès de Vienne" vorbereitet (durch die originale französische Bezeichnung mit dem maskulinen Adjektiv ist klar, daß die deutsche Übersetzung mit "die Schlußakte" nicht zutrifft). Eine illustre Unterschriftenabfolge, die dem Prinzip der alphabetischen Reihung nach den französischen Staatennamen folgte, beginnt mit Metternich (Autriche), um Talleyrand (France) vor England (Grande Bretagne), Preußen (Wilhelm von Humboldt) und Rußland zu setzen.
Mit dem Wiener Kongreß zog sich Österreich mit dem Verzicht auf die ehemaligen Vorlande aus Deutschland zurück, erhielt aber von Bayern Tirol, Vorarlberg, Salzburg und das Inn- und Hausruckviertel zurück. Sein Gewinn lag in Oberitalien und an der Adria, wo die Lombardei und Venetien als lombardo- venezianisches Königreich zu einem Teil der Monarchie zusammengeschlossen wurden, die Secundo- und Tertiogenitur der Habsburger wieder restituiert wurden und die sogenannten Illyrischen Provinzen mit Dalmatien zu Österreich zurückkehrten. Der Kompromiß der polnischen Teilung brachte Kaiser Franz I. im großen und ganzen den Gebietsstand der Ersten polnischen Teilung. Für die Exkaiserin der Franzosen, Franz' Tochter Marie Luise, war das Herzogtum Lucca vorgesehen, die Änderung auf das Herzogtum Parma fand später statt
Umfang/Format:Papiercodex, 218 Folien, in rotem Ledereinband mit Goldprägung und dazugehöriger, lederbespannter, mit grünem Samt gefütterter Holzkassette, 37,8 x 53,5 (aufgeschlagen) x 5 cm, Kassette 40 x 28,5 x 9 cm Siebzehn aufgedrückte Lacksiegel an schwarz-gelber Seidenschnur
Sprache:Französisch
Beschreibstoff:Papier
Ansichtsbild:

Angaben zur Benutzung

Reproduktion vorhanden:Digitale Aufnahme

Angaben zu verwandtem Material

Veröffentlichungen:Christiane Thomas, Schlussakten des Wiener Kongresses, in: Ostarrîchi - Österreich 996-1996. Menschen, Mythen, Meilensteine. Katalog der Österreichischen Länderausstellung in Neuhofen an der Ybbs und St. Pölten. Herausgegeben von Ernst Bruckmüller und Peter Urbanitsch. Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums. N.F. 388. – Horn: Berger 1996. XXIV, 736. 4°. Objekt-Nr.: 17.36, S. 697
Manfred Botzenhart, Reform, Restauration und Krise. Deutschland 1789-1847 (Frankfurt, 1985), S.80-85.
Max Braubach, Von der französischen Revolution bis zum Wiener Kongress (München 1974)
Peter Burg: Der Wiener Kongreß: der Deutsche Bund im europäischen Staatensystem (Deutsche Geschichte der neuesten Zeit Bd.1, München 1984)
Anselm Doering-Manteuffel, Vom Wiener Kongress zur Pariser Konferenz (Göttingen 1991)
Hans-Dieter Dyroff (Hg.), Der Wiener Kongress - Die Neuordnung Europas (DTV Dokumente, München 1966)
Elisabeth Fehrenbach, Vom Ancien Regime zum Wiener Kongress (München 2001)
Alexandra von Ilsemann: Die Politik Frankreichs auf dem Wiener Kongress (Hamburg 1996)
Dieter Langewiesche: Europa zwischen Restauration und Revolution (München 2004)
Wolfram Siemann: Vom Staatenbund zum Nationalstaat. Deutschland 1806-1871 (Frankfurt 1995), S. 313-329
Gerhard Taddey (Hg.), Lexikon der deutschen Geschichte. Personen, Ereignisse, Institutionen. Von der Zeitwende bis zum Ausgang des 2. Weltkrieges (Stuttgart 1983).
Website:http://wwwg.uni-klu.ac.at/kultdoku/kataloge/20/html/1830.htm
 

Verwandte Verzeichnungseinheiten

Verwandte Verzeichnungseinheiten:keine
 

Benutzung

Schutzfristende:31.12.1845
Erforderliche Bewilligung:Kein Zugang (Reservatbestand)
Physische Benützbarkeit:Nicht möglich
Zugänglichkeit:Ausgewählte Archivmitarbeiter/-innen
 

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