AT-OeStA/HHStA MdÄ IB Informationsbüro, 1791-1909 (Teilbestand)

Archivplan-Kontext


Angaben zur Identifikation

Signatur:AT-OeStA/HHStA MdÄ IB
Titel:Informationsbüro
Entstehungszeitraum:1791 - 1909
Stufe:Teilbestand

Angaben zum Umfang

Anzahl:1595
Archivalienart:Akten und Geschäftsbücher

Angaben zum Kontext

Aktenbildner-/Provenienzname:Staatskanzlei,
Ministerium des Äußern
Ministerium des Innern, Polizeiministerium
Verwaltungsgeschichte:Die ersten Konfidentenberichte waren in der Regel noch direkt an den Kaiser gerichtet.
Beiden Sektionen der Staatskanzlei waren spezielle Polizeikompetenzen zugewiesen. Diesem Zweig der Tätigkeit der Staatskanzlei entsprangen die genannten Serienfragmente des IB von ca. 1784 bis 1848, nebst dem Notenwechsel mit inneren Behörden (insbesondere Hofkanzlei und Polizeihofstelle), die entsprechenden Korrespondenzen mit der Mainzer Zentralpolizei in den deutschen Akten (heute Kartons 278-291) sowie die Interzepte in Staatskanzlei-Interiora.
Das Wiener Büro des Mainzer Zentralprotokolls (die „Mainzer Centralpolizei“) bildete bis 1836/37 ein selbständiges Amt der Staatkanzlei, zwischen dem „Deutschen Büro“ und dem „geheimen Polizeireferat“. Ab 1837 wurden dann die Agenden vom geheimen Polizeireferat übernommen.
1848/1849 wurde der staatspolizeiliche Zweig des Ministeriums des Äußern neu organisiert, es entstanden die „Actes de Haute Police“.
1867-1869 wurde die Organisation neuerlich geändert, wobei die staatspolizeilichen Akten des Archivs des Polizeiministeriums (die A- und BM-Akten, die also provenienzmäßig dem Innenressort entstammen) an das Ministerium des Äußern gelangten. 1868 beginnt schließlich die große Reihe der „Informationsbüro-Akten“ (IB-Akten), die (mit den wenigen Ausnahmen der Annexe) das IB bis zu seiner Auflösung 1908 ausmachen.

Das Informationsbüro (Departement 4 I.B. des Ministeriums des Äußern) wurde mit Kanzlei-Verordnung vom 22.04.1908 Nr. 30738/2 aufgelöst.
Archivierungsgeschichte:Die älteren Teile des IB (bis 1848) gelangten 1892 an das Haus-, Hof- und Staatsarchiv.
Mit der Auflösung 1908 folgten die Bestände von 1848 bis 1892 samt zahlreichen Annexen.
Ab dem 1. Mai 1908 wurde das Aktenmaterial dieses Departements auf das Politische Archiv des MdÄ, die Administrative Registratur des MdÄ und das (Haus-, Hof- und) Staatsarchiv aufgeteilt. Das politische Archiv übernahm die jüngeren Revues des Informationsbüros (ab 1900), während die älteren Jahrgänge verbrannt wurden (ab 1881); ebenfalls übernommen wurde ein "Freimaurer-Zettel-Index", zwei alphabetisch geordnete Liassen (graue Mappen) zu Konfidenten sowie die monatlichen Dienstrechnungen über den geheimen Fonds des Informationsbüros von 1891-1908. Die Liassen zu den Konfidenten wurden dort dann der Liasse "Personalia I" zugeteilt.
Die administrative Registratur des MdÄ übernahm bei dieser Gelegenheit die übrigen Akten, Beilagen, Indizes, Protokolle, Hilfsbücher und Aufzeichnungen des Informationsbüros aus dem Zeitraum 1892 bis inklusive 30.04.1908.
Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv übernahm bei dieser Gelegenheit alle übrigen diesbezüglichen Archivalien von den ältesten Jahrgängen bis inklusive 1891. Eine eingehende Auflistung über diesen Aufteilungsvorgang steht als AB 34/7.

1920 schließlich gelangten von der Administrativen Registratur des Ministeriums des Äußern die restlichen Bestände ins Archiv.
Auslieferungen erfolgten an die Tschechoslowakische Republik (ab 1921) und an Italien (ab 1925). Zur selben Zeit wurden die Präsidialakten der obersten Polizeibehörde (1852-1859) dem Staatsarchiv des Innern und der Justiz rückübermittelt, wo sie 1927 großteils ein Raub der Flammen wurden.
Kleine Auslieferungen erfolgten an Ungarn (1927); darunter befanden sich ein Faszikel Kossuth-Archivund zwei Faszikel Szechenyi-Akten. Ebenfalls erfolgte eine Auslieferung an Polen (1933).

Da der gesamte Bestand durch die Verlagerung während des Zweiten Weltkriegs sehr gelitten hatte, wurde er im Jahr 1950 von der zuständigen Referentin Anna Hedwig Benna mit ihrem Mitarbeiter Anton Nemeth revidiert und neu geordnet (Vgl. Tätigkeitsbericht des HHStA 1950, HHStA SB KA SR 8). 1956 erfolgte die Umlegung in Kartons, die bis 2017/2018 ihren Dienst taten. 1958 wurde der damals im V. Archivgeschoss lagernde "Aktenfriedhof" aufgearbeitet, wodurch eine "weitgehende Wiederherstellung der Annexe des Informationsbüros" ermöglicht wurde (Vgl. Tätigkeitsbericht des HHStA 1958 S. 9, HHStA SB KA SR 8). Dieselben wurden 1959 verzeichnet. Im selben Jahr wurde auch eine Neuordnung der "Actes de haute Police" vorgenommen.

Angaben zu Inhalt und Struktur

Inhalt:Beim Informationsbüro (IB) handelt es sich um eine Abteilung des Ministeriums des Äußern (MdA) mit nachrichtendienstlichem bzw. staatspolizeilichem Charakter.
Im strengen Sinn gibt es das IB erst ab 1877-1908, aus praktischen Gründen wurden alle genannten Bestände aber unter dem Titel „Informationsbüro“ zusammengefasst.
Inhaltlich finden wir hier alles, was man auch heute einem polizeilichen Geheimdienst zumutet: Konfidentenberichte (also: Spitzelberichte), Fremdenpolizeiliches (so z.B. die Beobachtungen über die Exilfranzosen in Österreich nach der Französischen Revolution), Berichte über kritische Zeitungen, Agentenberichte aus dem In- und Auslande, Zensurakten.

Es überrascht nicht, daß man hier besonders Material über Personen findet, die aus politischen Gründen Probleme mit der Obrigkeit hatten; so z.B. über die Exilanten der 1848-er Revolution in Frankreich und England, aber auch Informationen über die literarische Szene in Frankreich (Georges Sand), Spitzelberichte über Marx, Engels, Ruge und Consorten.
Dadurch ist das IB kulturgeschichtlich wahrscheinlich einer der interessantesten Bestände des Österreichischen Staatsarchivs überhaupt. Im normalen Behördenarchiv findet man vergleichsweise nur selten, und wenn, dann dürftige Spuren kulturell bedeutender Persönlichkeiten. Zumindest diejenigen Literaten und sonstigen Kulturschaffenden, die in den Verdacht abweichender politischer Meinungen gerieten, findet man zumeist in den Akten des IB.

Zusätzlich erlangte das IB Bedeutung im Gefolge um den Justizpalastbrand von 1927, bei welchem unter Anderem auch große Mengen von Polizeiakten vernichtet wurden. Hier werden für die Zeit bis 1900 Benützer einerseits auf den Notenwechsel der anderen Ministerien mit der Hofkanzlei bzw. später dem Ministerium des Innern und den inneren Behörden ausweichen müssen, vor allem aber auf das IB,

Die einzelnen Teilserien des IB:

Vor 1848 liegen nur Serien-Fragmente vor:
a) Polizeigegenstände (nur: Protokolle 1816-1818 und Indizes 1817-1848)
b) Konfidentenberichte
c) Polizeiberichte 1791-1835
d) Zentralinformationsprotokolle (ZIP) 1834-1848, samt Indizes.
e) Lemberger (kein Index) und Galizische Informationsprotokolle (Index in ZIP) 1838-1848.
f) Ungarisch-Siebenbürgische Informationsprotokolle 1837-1843 (samt Indizes)
g) Vorträge in Polizeisachen 1831-1841
h) (geheime) Korrespondenz der Staatskanzlei (StK) mit der Polizeihofstelle 1831-1841; (StK-Polizei enthält die Korrespondenz über normale Polizeigegenstände).
i) Korrespondenz der Staatskanzlei mit der Mainzer Zentralpolizei 1837-1848.

Ergänzende Bestände:
j) Notenwechsel der Staatskanzlei mit diversen inneren Behörden (Hofkanzlei, Polizeihofstelle etc. – siehe AB V/10).
k) Korrespondenz der Staatskanzlei mit der Mainzer Zentralpolizei 1833-1836, in: Staatskanzlei-Deutsche Akten, Kartons 278-291 – siehe AB V/1/2

Ab 1848 geschlossene Aktenreihen (mit Ausnahme der Annexe):

1848-1867:

1) A-, BM-Akten (1848-1867), erschlossen durch Indizes, Elenche (Nummernbücher) u. Protokolle; Karteien.
Diese beiden Aktenserien stammen ihrer Provenienz nach aus dem Innenministerium/Oberste Polizeibehörde bzw. Polizeiministerium.
2) Actes de Haute Police (1849-1868), erschlossen durch Indizes und Protokolle.
Dies ist die parallel laufende Aktenserie des Ministeriums des Äußern

1868-1908:

3) IB-Akten (1868-1908): erschlossen durch Indizes, Elenche, Protokolle
4) IB-Annexe (ca. 1841-1891)

Ab 1908 wird man wohl am besten die entsprechenden Aktenserien des Innenministeriums und der verschiedenen Polizeidirektionen empfehlen.
Bewertung und Kassation:Dauerhaft aufzubewahren
Neuzugänge:keine

Angaben zur Benutzung

Zugangsbestimmungen:Der Bestand ist gemäß Bundesarchivgesetz (BGBl. I/162/1999) in Zusammenhang mit der Benutzerordnung des Österreichischen Staatsarchivs in der jeweils gültigen Fassung zugänglich.
Reproduktionsbestimmungen:je nach Beschaffenheit der Vorlagen Kopien, Mikrofilme, Scans
Findhilfsmittel:AB VI/2/2-5, Indizes, Protokolle, Elenche, Zettel-Karteien.

Angaben zu verwandtem Material

Orginale (Existenz, Aufbewahrungsort):StK-Notenwechsel, StK-Deutsche Akten, StK-Interiora (insbesondere die Intercepte), Kabinettsarchiv-Vertrauliche Akten, Politisches Archiv-Pa XL (Interna), Administrative Registratur-Fach 52 (Sicherheitswesen, Polizei und Schub), Literarisches Büro / Presseleitung – alle im Haus-, Hof- und Staatsarchiv

Hofkanzlei, Polizeihofstelle, Polizeiministerium, Ministerium des Innern – alle Allgemeines Verwaltungsarchiv, Wien

Diverse Polizeidirektionen – österreichische Landesarchive; Staats- und Regionalarchive der Nachfolgestaaten.
Verwandtes Material:Ungarisches Nationalarchiv, Szechenyi-Akten (http://lnyr.eleveltar.hu/MNLQuery/detail.aspx?ID=2392)
Ungarisches Nationalarchiv, Informationsbüros: Zentralinformationsprotokolle (http://lnyr.eleveltar.hu/MNLQuery/detail.aspx?ID=2399)
 

Verwandte Verzeichnungseinheiten

Verwandte Verzeichnungseinheiten:keine
 

Benutzung

Schutzfristende:31.12.1939
Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL:https://archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=557
 

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